Wenn das Mahnverfahren gescheitert ist und auch die Zwangsvollstreckung keine Ergebnisse bringt, greifen Gläubiger oft zu einem rechtlich wirksamen Mittel: der Vermögensauskunft, früher bekannt als „eidesstattliche Versicherung“. Für viele Schuldner ist dieser Schritt ein einschneidendes Erlebnis – nicht nur rechtlich, sondern auch emotional. In diesem Beitrag erfahren Sie alles, was Sie zur Vermögensauskunft wissen sollten, welche Folgen sie hat und wie Sie sich als Schuldner darauf vorbereiten können.
Was ist eine Vermögensauskunft?
Die Vermögensauskunft ist ein formelles Verfahren im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Sie verpflichtet Schuldner, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse offenzulegen – gegenüber dem Gerichtsvollzieher oder der Gerichtsvollzieherin. Ziel ist es, dem Gläubiger Auskunft über pfändbare Vermögenswerte zu geben, damit dieser gezielt vollstrecken kann.
Früher wurde die Vermögensauskunft auch „eidesstattliche Versicherung“ oder umgangssprachlich „Offenbarungseid“ genannt. Seit der Reform der Zivilprozessordnung im Jahr 2013 ist die Bezeichnung „Vermögensauskunft“ üblich.
Wann wird die Vermögensauskunft verlangt?
Ein Gläubiger kann die Abgabe der Vermögensauskunft beantragen, wenn:
- eine titulierte Forderung (z. B. Vollstreckungsbescheid, Urteil) vorliegt,
- eine Zwangsvollstreckung erfolglos war (z. B. weil keine pfändbaren Gegenstände vorhanden waren),
- der Schuldner sich weigert, zu zahlen oder sich versteckt,
- oder um zu prüfen, ob es neue pfändbare Vermögenswerte gibt.
Wie läuft die Vermögensauskunft ab?
- Ankündigung: Der Gerichtsvollzieher kündigt die Abgabe der Vermögensauskunft schriftlich an. Darin ist ein Termin angegeben.
- Abgabe: Der Schuldner muss zu diesem Termin erscheinen und ein Vermögensverzeichnis ausfüllen. Hierzu gehören:
- Bankkonten
- Einkommen
- Immobilien
- Wertgegenstände
- Lebensversicherungen
- Forderungen gegenüber Dritten
- Mietverhältnisse usw.
- Eintrag ins Schuldnerverzeichnis: Nach Abgabe wird die Vermögensauskunft an das zentrale Schuldnerverzeichnis gemeldet (§ 882c ZPO). Dieser Eintrag bleibt drei Jahre bestehen und ist öffentlich für bestimmte Stellen (z. B. Vermieter, Banken) einsehbar.
Was passiert, wenn man nicht erscheint oder falsche Angaben macht?
- Nicht erscheinen: Wer unentschuldigt nicht zum Termin erscheint, dem droht Erzwingungshaft (§ 802g ZPO). Diese kann bis zu 6 Monate dauern – nicht als Strafe, sondern zur Erzwingung der Mitwirkung.
Falsche Angaben: Wer bewusst falsche oder unvollständige Angaben macht, begeht eine Straftat (§ 156 StGB, falsche Versicherung an Eides statt). Hier droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe.
Was bedeutet die Vermögensauskunft für den Alltag eines Schuldners?
- Eintrag im Schuldnerverzeichnis: Dies hat gravierende Folgen. Es wird schwerer, einen Kredit aufzunehmen, eine Wohnung zu finden oder einen Handyvertrag abzuschließen.
- Pfändung möglich: Auf Basis des Vermögensverzeichnisses kann der Gläubiger gezielt Kontopfändungen oder Lohnpfändungen betreiben.
Verlust von Vertrauen: Auch Arbeitgeber oder Geschäftspartner können durch Schufa-Einträge oder Bonitätsprüfungen Kenntnis von der wirtschaftlichen Situation erhalten.
Kann man die Abgabe der Vermögensauskunft vermeiden?
Ja, unter bestimmten Bedingungen:
- Zahlung der Forderung: Wird die Schuld vor dem Termin beglichen, entfällt die Vermögensauskunft.
- Vergleich oder Ratenzahlung: Ein Zahlungsplan kann mit dem Gläubiger vereinbart werden – dies sollte frühzeitig geschehen!
- Beratung in Anspruch nehmen: Schuldnerberatungsstellen helfen, drohende Maßnahmen zu vermeiden und mit Gläubigern zu verhandeln.
Wichtig: Die Vermögensauskunft ist kein Zeichen von „Schuld“ oder persönlichem Versagen
Gerade für viele Schuldner ist die Abgabe der Vermögensauskunft mit Scham und einem Gefühl des Scheiterns verbunden. Dabei sind finanzielle Schwierigkeiten oft durch äußere Umstände verursacht: Jobverlust, Krankheit, Trennung, gescheiterte Selbstständigkeit – Dinge, die jeden treffen können.
Deshalb: Nutzen Sie die Vermögensauskunft auch als Chance, einen Überblick über Ihre Finanzen zu bekommen. Sie kann der erste Schritt aus der Schuldenspirale sein.
Fazit: Was Schuldner jetzt tun sollten
- Nehmen Sie Schreiben des Gerichtsvollziehers ernst!
- Suchen Sie sich rechtzeitig Hilfe bei einer Schuldnerberatung.
- Verhandeln Sie mit Gläubigern und versuchen Sie, Zahlungslösungen zu finden.
- Legen Sie vollständige und wahrheitsgemäße Angaben vor.
Die Vermögensauskunft ist eine ernste Maßnahme – aber kein Endpunkt. Sie kann der Start in einen geordneten, schuldenfreien Neuanfang sein.
Tipp: Sie haben Post vom Gerichtsvollzieher erhalten oder eine Vermögensauskunft wird angekündigt? Wenden Sie sich an eine Schuldnerberatung in Ihrer Nähe – besser heute als morgen!

