Was Sie jetzt wissen müssen – inkl. aktueller Gesetzeslage und Änderungen seit 2023
Einleitung: Wenn die Schuldenlast zu groß wird
Wer über einen längeren Zeitraum seine Schulden nicht mehr begleichen kann, sieht sich irgendwann mit der Frage konfrontiert: Ist die Privatinsolvenz der einzige Ausweg?
Tatsächlich kann die Verbraucherinsolvenz – wie die Privatinsolvenz offiziell heißt – ein wichtiger Schritt sein, um einen Neuanfang ohne Schulden zu ermöglichen. Dabei geht es nicht nur um die Abwicklung offener Forderungen, sondern auch um die Restschuldbefreiung, die Ihnen nach erfolgreichem Verfahren einen schuldenfreien Start ermöglicht.
In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, wie das Verfahren abläuft, was sich durch die Gesetzesreform geändert hat – und was Sie unbedingt beachten sollten.
Was ist die Privatinsolvenz?
Die Privatinsolvenz (Verbraucherinsolvenzverfahren) ist ein gerichtliches Verfahren zur Schuldenregulierung bei natürlichen Personen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit mehr ausüben. Das Ziel ist es, eine Entschuldung durch die Restschuldbefreiung zu erreichen.
Der Ablauf gliedert sich in mehrere Phasen:
- Außergerichtlicher Einigungsversuch mit Gläubigern (z. B. mithilfe einer Schuldnerberatung)
- Antragstellung beim Insolvenzgericht
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretung des pfändbaren Einkommens)
- Wohlverhaltensphase (aktuell: 3 Jahre)
- Restschuldbefreiung
Aktuelle Gesetzeslage seit 2023: Was hat sich geändert?
Bereits Ende 2020 hat der Gesetzgeber wichtige Änderungen auf den Weg gebracht, die seit dem 1. Oktober 2020 gelten – und damit auch heute noch den rechtlichen Rahmen bilden:
Verkürzte Dauer: Nur noch 3 Jahre
Früher dauerte das Verfahren 6 Jahre – heute beträgt die Regeldauer nur noch 3 Jahre, unabhängig von der Höhe der zurückgezahlten Schulden.
Voraussetzung: Es dürfen keine „versagungsrelevanten“ Gründe wie z. B. betrügerisches Verhalten vorliegen.
Laufzeit der Restschuldbefreiung: Drei Jahre – und bleibt es dabei?
Seit dem 1. Oktober 2020 gilt eine einheitliche Restschuldbefreiung nach drei Jahren, unabhängig von der zurückgezahlten Quotenhöhe. Diese Verkürzung ist dauerhaft in der Insolvenzordnung verankert und nicht befristet in-solve.de+4bundestag.de+4bundesrat.de+4de.wikipedia.org+8anwalt-kg.de+8reddit.com+8anwalt.org+11rain-brandt.de+11dserver.bundestag.de+11.
Entgegen kursierender Mythen kehrt das Verfahren nicht zu sechs Jahren zurück – auch nicht ab dem 1. Juli 2025. Der ursprünglich beabsichtigte „Sunset-Point“ wurde im Gesetzgebungsprozess gestrichen .
Fazit: Ihr Privatinsolvenzverfahren dauert weiterhin drei Jahre, bei Antragstellung seit Oktober 2020.
Überprüfung auf Obliegenheitsverletzungen
Wer in der Wohlverhaltensphase z. B. neue Schulden macht, seine Erwerbsobliegenheiten verletzt (also sich z. B. nicht aktiv um Arbeit bemüht) oder Vermögen verschweigt, riskiert die Versagung der Restschuldbefreiung. Die Gerichte prüfen mittlerweile strenger.
Keine Sperrfristen mehr für Wiederholung
Eine weitere wichtige Änderung: Wer bereits einmal Privatinsolvenz beantragt hat, musste früher bis zu 10 Jahre warten, um erneut einen Antrag zu stellen. Diese Sperrfrist wurde auf 3 Jahre verkürzt, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Was bedeutet „Restschuldbefreiung“?
Am Ende der Wohlverhaltensphase (nach 3 Jahren) entscheidet das Gericht über die Restschuldbefreiung. Das bedeutet:
❌ Die verbliebenen Schulden werden gelöscht.
✅ Sie sind wieder wirtschaftlich frei und können neu anfangen.
Wichtig: Die Restschuldbefreiung umfasst nicht alle Schulden. Ausgenommen sind z. B.:
- Geldstrafen und Bußgelder
- Schulden aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen (z. B. Betrug)
- Unterhaltsschulden, wenn sie vorsätzlich nicht gezahlt wurden
Voraussetzungen für die Privatinsolvenz
Sie können eine Privatinsolvenz beantragen, wenn:
- Sie zahlungsunfähig sind oder drohend zahlungsunfähig werden
- Sie keine selbstständige Tätigkeit mehr ausüben
- Ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit Ihren Gläubigern gescheitert ist
- Sie einen vollständigen Insolvenzantrag inkl. Schuldenübersicht, Gläubigerliste und Nachweisen einreichen
Ihr Weg durch die Insolvenz: Schritt für Schritt
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- Schuldnerberatung kontaktieren (z. B. Caritas, AWO, Diakonie oder kommunale Stellen)
- Schuldenanalyse und außergerichtlicher Einigungsversuch
- Vorbereitung der Insolvenzunterlagen
- Antragstellung beim Amtsgericht (Insolvenzgericht)
- Verfahrensdauer von 3 Jahren
- Restschuldbefreiung und wirtschaftlicher Neustart
Achtung bei Inkassoschulden
Inkassoschulden werden im Insolvenzverfahren nicht gesondert behandelt – sie fallen unter die allgemeinen Verbindlichkeiten und können ebenso mit Restschuldbefreiung erlassen werden, sofern sie rechtswirksam sind.
Aber: Inkassokosten müssen nachvollziehbar und angemessen sein. Wurde gegen Sie bereits ein Titel erwirkt (z. B. Vollstreckungsbescheid), bleiben diese Forderungen bestehen, wenn das Gericht die Restschuldbefreiung versagt.
Häufige Fragen zur Insolvenz
Wie wirkt sich die Insolvenz auf meine Schufa aus?
Die Privatinsolvenz wird 6 Monate nach Erteilung der Restschuldbefreiung gelöscht, also 3,5 Jahre nach Antragsstellung. Bis dahin kann sie Ihre Bonität beeinträchtigen.
Darf ich ein P-Konto behalten?
Ja. Ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) bleibt während der gesamten Insolvenz ein wichtiges Instrument, um Ihr Existenzminimum zu sichern.
Was passiert mit meinem Auto?
Das kommt auf den Wert an: Ein notwendiges Fahrzeug für den Arbeitsweg darf meist behalten werden – Luxusfahrzeuge werden in der Regel verwertet.
Fazit: Insolvenz ist kein Makel – sondern ein Weg in die Freiheit
Die Privatinsolvenz ist kein „Versagen“, sondern ein gesetzlich vorgesehener Weg, um sich aus einer ausweglosen Schuldensituation zu befreien. Dank der Reform von 2020 ist sie heute kürzer, effizienter und fairer als je zuvor.
Wenn Sie sich in einer finanziellen Sackgasse befinden, holen Sie sich frühzeitig Hilfe – bevor der Schuldenberg wächst.
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Auf unserem Blog finden Sie:
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