Der digitale Euro: Fortschritt oder Risiko? – Ein Überblick für Verbraucher:innen

Der digitale Euro ist derzeit eines der spannendsten und zugleich kontroversesten Projekte im Finanzbereich der Europäischen Union. In einer Welt, in der Bargeldnutzung rückläufig ist und digitale Zahlungen zunehmend den Alltag bestimmen, will die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem digitalen Euro ein gesetzlich anerkanntes, sicheres und europäisch kontrolliertes Zahlungsmittel schaffen.

Doch was genau steckt dahinter? Wie soll der digitale Euro funktionieren, was bringt er Verbraucherinnen und Verbrauchern – und wo liegen die potenziellen Risiken?

Im folgenden Beitrag beleuchten wir den aktuellen Entwicklungsstand, stellen die Vorteile aus Sicht der EZB dar und zeigen auch die kritischen Punkte, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden.

Was ist der digitale Euro überhaupt?

Der digitale Euro wäre ein offizielles Zahlungsmittel – herausgegeben von der EZB, wie das heutige Bargeld, jedoch in rein digitaler Form. Er wäre also keine Kryptowährung wie Bitcoin, sondern ein sogenanntes Central Bank Digital Currency (CBDC) – eine digitale Zentralbankwährung.

Ziel ist es, auch im digitalen Zahlungsverkehr einen stabilen, sicheren und vertrauenswürdigen Euro anbieten zu können – ohne Abhängigkeit von privaten Zahlungsanbietern oder außereuropäischen Tech-Giganten. Gleichzeitig soll er Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Seit Oktober 2023 befindet sich das Projekt in einer intensiven Vorbereitungsphase. Erste reale Anwendungen sind nicht vor 2026 zu erwarten.

Die Vorteile des digitalen Euro – laut EZB

Bevor der digitale Euro eingeführt wird, verspricht die Europäische Zentralbank eine Reihe von Vorteilen für die Allgemeinheit. Diese sollen vor allem mehr Stabilität, Unabhängigkeit und Fairness im Zahlungsverkehr schaffen.

  1. Hohe Akzeptanz und Zugänglichkeit
    Als gesetzliches Zahlungsmittel wäre der digitale Euro in der gesamten Eurozone nutzbar. Jede*r mit einem Konto oder einer digitalen Geldbörse könnte ihn verwenden – auch Menschen ohne klassischen Zugang zu Banken.
  2. Kostenlose Grundfunktionen
    Die EZB verspricht: Die Basisfunktionen (z. B. Bezahlen, Empfangen) sollen gebührenfrei sein – vergleichbar mit dem Bezahlen mit Bargeld heute.
  3. Datenschutzorientiertes Modell
    Anders als kommerzielle Zahlungsdienste, die oft Nutzerdaten vermarkten, hat die EZB kein wirtschaftliches Interesse an den Transaktionsdaten. Die Daten würden nur bei gesetzlicher Pflicht (z. B. bei Geldwäsche) weitergegeben.
  4. Stabilität & Sicherheit
    Als direkt von der EZB herausgegebene digitale Währung wäre der digitale Euro besonders sicher, auch im Fall einer Bankenkrise – vergleichbar mit Bargeld, aber digital.
  5. Effizienz & technologische Souveränität
    Grenzüberschreitende Zahlungen könnten schneller, günstiger und ohne Abhängigkeit von Visa, Mastercard oder Apple Pay erfolgen. Europa würde digital unabhängiger.
  6. Offline-Zahlungsoption
    Es soll eine Variante geben, mit der auch ohne Internet kleinere Beträge direkt von Gerät zu Gerät übertragen werden können – ähnlich wie mit Bargeld.
  7. Kein Ersatz für Bargeld
    Die EZB betont ausdrücklich: Bargeld bleibt erhalten. Der digitale Euro ist als Ergänzung gedacht, nicht als Ersatz.

Kritik und Risiken: Was befürchten Gegner?

So vielversprechend der digitale Euro klingt – nicht alle sehen ihn als Fortschritt. Insbesondere Datenschützer:innen, Bürgerrechtler:innen und Wirtschaftsexpert:innen äußern Bedenken. Im Zentrum steht die Machtkonzentration beim Staat und die Sorge vor einer zu starken Kontrolle des Einzelnen.

  1. Überwachung: Das „gläserne Konto“
    Jede Transaktion hinterlässt digitale Spuren. Auch wenn die EZB betont, keine personenbezogenen Bewegungsdaten speichern zu wollen, besteht technisch die Möglichkeit zur vollständigen Nachverfolgung – ein Bruch mit der Anonymität des Bargelds.
  2. Programmierbarkeit des Geldes
    Kritiker befürchten, dass ein digitaler Euro so programmiert werden könnte, dass er nur für bestimmte Zwecke verwendet werden darf – etwa nur für Lebensmittel oder innerhalb einer Region. Dies würde neue Möglichkeiten der staatlichen Kontrolle schaffen.
  3. Negative Zinsen direkt auf Bürgerkonten
    In der Theorie wäre es möglich, Geld auf digitalen Euro-Konten zu verzinsen oder mit Strafzinsen zu belegen. Das könnte den Sparer unter Druck setzen und eine Form der Enteignung darstellen.
  4. Risiko für das Bankensystem
    In Krisenzeiten könnten Bürger ihr Geld rasch aus privaten Banken abziehen und in den sicheren digitalen Euro bei der Zentralbank umschichten. Das würde das Risiko eines digitalen „Bank-Runs“ erhöhen.
  5. Technologische Abhängigkeit
    Ohne Internet oder Strom wären digitale Zahlungen nicht mehr möglich. Ein Ausfall der Systeme würde die gesamte Zahlungsfähigkeit der Bevölkerung gefährden – Bargeld hätte dieses Problem nicht.
  6. Begrenzte Anonymität selbst im Offline-Modus
    Die geplanten Offline-Zahlungen sollen nur für kleine Summen gelten. Alles darüber hinaus bleibt technisch nachverfolgbar.

Fazit: Modernes Werkzeug mit politischen Fallstricken

Der digitale Euro ist eine logische Weiterentwicklung in einer zunehmend bargeldlosen Gesellschaft. Er kann Vorteile bringen: mehr Stabilität, europäische Kontrolle über digitale Zahlungen und verbesserte Teilhabe.

Doch gleichzeitig muss klar geregelt werden, wie der digitale Euro genutzt und kontrolliert wird – und wie die Privatsphäre der Bürger:innen garantiert bleibt. Denn was heute als innovatives Zahlungsmittel eingeführt wird, darf morgen nicht zur Überwachungsplattform werden.

Die öffentliche Debatte, aber auch gesetzliche Regelungen müssen hier verbindliche Schranken setzen, bevor der digitale Euro flächendeckend eingeführt wird.

Teilen Sie diesen Beitrag

Newsletter-Updates

Geben Sie unten Ihre E-Mail-Adresse ein und abonnieren Sie unseren Newsletter!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert